„Es kommt nicht darauf an, was du sagst, sondern wie du es sagst“ – diese Aussage hat wohl jede*r schon einmal gehört, ob im privaten oder im beruflichen Umfeld. Besonders in Bezug auf Konflikte oder Feedbackgespräche ist die Art der Kommunikation ein essenzieller Bestandteil eines erfolgreichen oder weniger erfolgreichen Gesprächs. Umso wichtiger ist es für Teams in Unternehmen, ihre Kommunikation entsprechend zu gestalten, um erfolgreich zusammenzuarbeiten. Eine Möglichkeit, an der die Kommunikation sich orientieren kann, ist das Modell der gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg. Ich möchte heute einen Überblick geben, worum es in diesem Modell geht und wie Unternehmen es für sich anwenden können.
Das besagt das Modell der gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg
Bereits in den 1940er Jahren entwickelte Marshall B. Rosenberg sein bekanntes Modell der gewaltfreien Kommunikation (GFK). Dabei geht es jedoch nicht um den Verzicht von körperlicher Gewalt, sondern darum, nicht mit Worten auf das Gegenüber „einzuschlagen“. Sein Modell soll zwei Konfliktparteien dabei helfen, Inhalte auf respektvolle und empathische Art und Weise zu transportieren. Ziel soll es sein, über die eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu sprechen, anstatt Vorwürfe zu machen und Verfehlungen anzukreiden. Es geht hier also um eine spezielle, sehr bewusste Art der Kommunikation. Gerade im beruflichen Umfeld kann der Einsatz dieses Modells hilfreich sein, um Konflikte zwischen Kolleg*innen oder Feedbackgespräche mit der Führungskraft professionell durchzuführen.
Die 4 Schritte gewaltfreier Kommunikation
Gewaltfreie Kommunikation soll laut Rosenberg 4 Schritte durchlaufen, um einen Konflikt zu thematisieren. Im Mittelpunkt steht dabei immer die Kommunikation der eigenen Erfahrungen und Bedürfnisse.
Beschreibung einer Handlung
Im ersten Schritt soll immer eine konkrete Situation nach persönlicher Wahrnehmung beschrieben werden. Interpretationen oder Wertungen sollen hier nicht integriert werden. Besteht zum Beispiel ein Konflikt zwischen zwei Mitarbeiter*innen, weil ein gemeinsames Meeting mit einem Kunden schlecht gelaufen ist, kann in dieser Phase eine solche Formulierung verwendet werden:
„Das letzte Meeting, in dem unser Kunde unzufrieden mit Teilen der Arbeit war, ist nicht gut gelaufen.“
An dieser Stelle ist es wichtig, die Beobachtung so neutral wie möglich zu beschreiben und sich dabei auf die eigene Sicht zu beschränken. Auch, wenn eine gewisse Frustration oder Wut besteht, sollte diese auf keinen Fall am Kollegen oder an der Kollegin ausgelassen werden – das sorgt nur dafür, dass das Gegenüber eine Verteidigungsposition einnimmt und der Konflikt somit deutlich schwieriger gelöst werden kann.
Beschreibung der Gefühle
Ist die Situation klar definiert, um die es im Gespräch gehen soll, geht es im nächsten Schritt um die Beschreibung der eigenen Gefühle in dieser Situation. Dieser Schritt ist dazu da, dem Gegenüber zu vermitteln, warum es überhaupt ein Problem gibt. Schließlich kommt es gerade im beruflichen Umfeld nicht selten vor, dass ein Konflikt von einer Seite gar nicht als solcher wahrgenommen wird. Je nach Arbeitsweise und Umgang mit Kunden können die Gefühle der besagten Situation durchaus unterschiedlich sein. Umso wichtiger ist es, klar zu definieren, warum es ein Problem gibt. Möglich ist das zum Beispiel durch eine solche Formulierung:
„Ich hatte das Gefühl, dass ich das Meeting alleine leiten und alle Fragen des unzufriedenen Kunden beantworten musste.“
Besonders wichtig ist an dieser Stelle das Sprechen in Ich-Botschaften. Schließlich geht es um die eigenen Gefühle und nicht darum, dem Gegenüber einen Vorwurf zu machen. Ich-Botschaften sorgen dafür, dass niemand sich angegriffen fühlt und appellieren an die Empathie des*der Empfänger*in der Botschaft.
Definition der Bedürfnisse
Das Gefühl, das durch die Konfliktsituation entstanden ist, löst gleichzeitig ein Bedürfnis beim Sender der Botschaft aus. Dieses Bedürfnis gilt es jetzt zu definieren und auszuformulieren. So kann Klarheit zwischen den beiden Parteien geschaffen werden und ein Rahmen gesteckt werden, wie der bestehende Konflikt gelöst werden kann oder was nötig ist, damit beide Seiten sich wieder wohl fühlen. Die Kommunikation der Bedürfnisse kann zum Beispiel so aussehen:
„Ich wünsche mir mehr Unterstützung von dir.“
Auch hier ist der Einsatz von Ich-Botschaften wieder wichtig. Zwängen Sie Ihrem Gegenüber Ihren Wunsch nicht auf, indem Sie Sätze wie „Du solltest mich in Meetings mehr unterstützen“ verwenden. Hier schwingt schnell wieder ein Vorwurf mit, der das Gegenüber erneut in eine defensive Position rücken kann.
Bitte um eine Handlung
Im letzten Schritt der gewaltfreien Kommunikation geht es um einen konkreten Lösungsvorschlag. Aus der Beobachtung, den Gefühlen und dem Bedürfnis soll jetzt eine konkrete Bitte formuliert werden. Was kann das Gegenüber verändern, damit der Konflikt aufgelöst werden kann und in Zukunft nicht erneut entsteht? Formuliert werden kann diese Bitte zum Beispiel so:
„Ich würde mich freuen, wenn du beim nächsten Meeting einen Teil der Präsentation übernehmen und Fragen des Kunden beantworten würdest.“
An dieser Stelle ist es wichtig, die Bitte so deutlich wie möglich zu formulieren. So ist allen Konfliktparteien klar, wo das Problem liegt und wie es sich lösen lässt. Außerdem zeigt eine solche Bitte, dass Sie sich intensiv mit dem Konflikt auseinandergesetzt haben und bereits eine mögliche Lösung erarbeitet haben.
Wie kann GFK Anwendung in Teams und Unternehmen finden?
Gewaltfreie Kommunikation ist ein grundsätzlicher Ansatz für das Lösen von Konflikten oder das Herüberbringen von Wünschen. Oft wird dieser Ansatz deshalb für private Streitigkeiten empfohlen. Aber auch im beruflichen Umfeld kann GFK als Grundlage angewendet werden. Mitarbeiter*innen lernen so, bewusst zu kommunizieren und die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass ein Konflikt langfristig für eine schlechte Arbeitsatmosphäre oder für eine Konkurrenzsituation sorgt. Neben dem Konfliktmanagement kann der Grundsatz gewaltfreier Kommunikation aber auch in allgemeinen Feedbackgesprächen Anwendung finden, zum Beispiel im Jahresgespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*in. Sowohl Wünsche, wie das Teammitglied sich weiterentwickeln soll als auch Kritik an bestimmten Arbeiten aus dem letzten Jahr können so besser kommuniziert werden.
Erlernt werden können die Grundsätze gewaltfreier Kommunikation in speziellen Coachings. Das Modell ist zwar nicht komplex, benötigt jedoch einige Übung. Außerdem müssen alle Teammitglieder lernen, sich auf diese Form der Kommunikation einzulassen. Hat sich der Grundsatz der gewaltfreien Kommunikation jedoch einmal etabliert, steigt oft die Motivation und damit der Erfolg des Teams.
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