Ich bin entsetzt.
Heute, am 27.02.2022 hat Olaf Scholz gegen Mittag bekannt gegeben, dass wir aufrüsten werden. Auf deutlich über 2% soll der Rüstungsetat ansteigen, dazu wird ein Sonderetat von 100 Milliarden Euro bereitgestellt.
Bis heute Mittag war meine Haltung, dass Putin den Krieg durch seinen Angriff schon verloren hat. Ja, wahrscheinlich besetzt er die Ukraine und ja, er fügt vielen Menschen viel Leid zu, aber gewonnen hätte er nicht. Aber von vorne:
Russland ist am 24.02.2022 gegen die Ukraine in den Krieg gezogen.
Was wir vergessen: der Krieg geht schon einige Jahre. Nicht nur die Annexion der Krim, sondern insbesondere der Krieg um die Wahrheit, durch Verbreitung von Fake News und Desinformationen. Und um wen es eigentlich geht ist auch klar, die NATO.
Ca 60 Prozent der russischen Bevölkerung war zu Beginn des Angriffskrieges am 24.02.22 der Meinung, dass die russische Regierung das richtig macht und es eine Verteidigung sei. Seit vielen Jahren versucht Putin mediale Einflussnahme zu nehmen, einerseits durch die Verstaatlichung der Medien in Russland, andererseits durch bspw. Formate wie RT Deutsch, um auch bei uns Verunsicherungen zu schaffen.
Ich war beeindruckt von der Rede Selenskyj`s, der direkt auf russisch an die russische Bevölkerung gesprochen hat, wie sehr man doch zusammengehört und dass es nicht sein kann, dass man einen Krieg möchte. Er sprach von gemeinsamen Werten, von Gemeinsamkeiten der Menschen.
Denn auch in Russland gibt es viele, die mit Putins Politik nicht einverstanden sind. Dass wir diese nicht verlieren dürfen, ist unabdingbar. Die russische Bevölkerung ist die größte Gefahr für Putin – aus diesem Grund versucht er Protest möglichst schnell niederzuknüppeln und einzubuchten.
Den westlichen Kurs, starke Sanktionen auszusprechen halte ich für richtig.
Die ukrainische Bevölkerung mit Defensivwaffen auszustatten, damit diese nicht abgeschlachtet wird, sondern Widerstand leisten kann, halte ich ebenfalls für richtig.
Doch dass nun im Bundestag feiernd beschlossen wird, 100 Milliarden zügig in Waffen zu investieren, ist der Weg der Aufrüstung, auf den Putin nur wartet. Diese Bilder braucht er, um die russische Bevölkerung aufzuhetzen. Diese Bilder braucht er, um ihr deutlich zu machen, dass die NATO Russland angreifen will, so wie er es derzeit seiner Bevölkerung mit der Ukraine verkauft hat.
Es darf nicht darum gehen, zu feiern, dass man aufrüstet. Da gibt es nicht zu feiern, gar nichts!
Wichtiger wäre, die effizienteste Waffe zu nutzen – die Wahrheit
Diese Wahrheit an die russische Bevölkerung zu bringen, ist dass, was ihm weh tut. Putin muss von seiner Bevölkerung nicht mehr gewollt sein.
Dass Putin es schafft, dass wir wieder aufrüsten, ist eine Niederlage. Was wir wirklich brauchen ist jegliche Möglichkeiten und Formen der Kontakte und der Beziehungen zu der russischen Bevölkerung, um die Bilder aus der Ukraine dort sichtbar zu machen. Um sichtbar zu machen, was für ein widerlicher Diktator er ist und welches widerliche System er sich aufgebaut hat.
Heute (Sonntag) morgen sah ich Bilder im Fernsehen, bei der russische Panzer vor unbewaffneten ukrainischen Bürger*innen umkehrten. Wenn anfangs Teile der russischen Bevölkerung sich gegen Putin stellen, aber auch Teile seiner Armee sich verweigern, können wir Spiralen des Krieges unterbrechen.
Wir dürfen nicht vergessen: Hinter jeder Waffe steht ein Mensch. Wir erschießen nicht nur Feinde, sondern Väter, Mütter, Schwester, Brüder, Kolleg*innen, etc. – das feiert man nicht, es ist traurig, wenn es dazu kommt.
Und daher nochmal: Wir müssen die russische Bevölkerung durch mediale Gegendarstellung für uns gewinnen und weniger uns dafür feiern, wie viel Geld wir in Waffen investieren.
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